Die Cannabispflanze wird bereits seit Tausenden von Jahren für medizinische Zwecke verwendet. Erfahren Sie mehr über diese lange Geschichte und die enorme Zunahme an Wissen über Cannabis im Laufe der Jahre.
Cannabis zählt weltweit zu den ältesten für medizinische Zwecke eingesetzten Pflanzen. Wir wissen, dass Cannabis bereits im Jahr 12.000 v. Chr. in China angebaut wurde. Die ersten dokumentierten Berichte über medizinisches Cannabis gehen bis in das Jahr 4.000 v. Chr. zurück. Medizinisches Cannabis erreichte Europa in der Antike und wurde in der griechischen und römischen Kultur angewendet.1
Die therapeutische Anwendung von Cannabis in der westlichen Medizin begann Mitte des 18. Jahrhunderts, als der irische Arzt William O’Shaughnessy und der französische Arzt Jacque Joseph Moreau auf ihren Asienreisen unabhängig voneinander den Nutzen von medizinischem Cannabis entdeckten. O’Shaughnessy verabreichte seinen Patienten Cannabisextrakte und entdeckte, dass Cannabis sowohl analgetische als auch sedierende Eigenschaften aufwies. Seine ersten Ergebnisse, gefolgt von den Erkenntnissen Moreaus und anderer Ärzte, führten dazu, dass Cannabis sowohl in Europa als auch Nordamerika schnell großflächig eingesetzt wurde. Tatsächlich ist Cannabis im US-amerikanischen Arzneibuch bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Behandlungsoption für diverse Erkrankungen aufgeführt.1
In den 1920er und der 1930er Jahre trugen zwei Faktoren dazu bei, dass Cannabis in der westlichen Welt nicht mehr als Arzneimittel eingesetzt wurde. Zum einen konnte man mit pflanzlichen Arzneimitteln nicht den Bedarf an aktiven Substanzen/Wirkstoffen decken, sodass die pharmazeutische Industrie begann, Arzneimittel auf chemischer Basis herzustellen. Zum anderen wurde Cannabis vor allem in den USA stigmatisiert, besonders wegen seiner Anwendung als Freizeitdroge.1 Letztendlich führten diese beiden Faktoren dazu, dass Cannabis zusammen mit Kokain und Heroin in das „Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel“ der UN, Tabelle IV, aufgenommen wurde. Im Dezember 2020 überarbeitete die UN die Klassifikation von Cannabis nach den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und stufte es als eine Substanz mit therapeutischem Nutzen ein.2
Die Isolierung und Identifizierung von Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC) im Jahr 1964 war ein entscheidender Schritt für die Erweiterung unsere Kenntnisse über die therapeutischen Eigenschaften der Cannabispflanze. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts trugen verschiedene Entdeckungen im Zusammenhang mit dem körpereigenen Endocannabinoid-System zur Erklärung der mechanistischen Grundlagen für das therapeutisch Potenzial von Cannabinoiden, insbesondere für THC und CBD, bei. Die Cannabinoidrezeptoren wurden 1988 (CB1) und 1993 (CB2) beschrieben, während die Endocannabinoide 1992 (Anandamid) und 1995 (2-AG) entdeckt wurden.1 Seitdem ist das wissenschaftliche Interesse auf diesem Gebiet enorm gestiegen. Im Jahr 1990 gab es beispielsweise 70 Veröffentlichungen zum Thema Cannabinoide, im Jahr 2000 bereits über 200, im Jahr 2010 über 600 und im Jahr 2019 ungefähr 2.000. Im Jahr 2020 waren über 2.500 Veröffentlichungen pro Jahr zu verzeichnen.3
Im Jahr 2017 wurde medizinisches Cannabis in Deutschland die behördliche Zulassung erteilt. Von da an durfte es Patienten verabreicht werden, die bereits in ärztlicher Behandlung sind, für die jedoch „keine therapeutische Alternative“ existiert. Im Jahr 2019 erteilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die ersten Genehmigungen für den regionalen Cannabisanbau und die Herstellung in Deutschland.4
Im Juli 2021 war Aphria (eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des kanadischen Unternehmens Tilray) das erste Unternehmen in Deutschland, das medizinisches Cannabis erntete, welches nach den europäischen Leitlinien der „guten Herstellungspraxis“ (EU-GMP) angebaut worden war.5